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  "Prolog" [zum Kapitel 'Gegenwärtiges']
(Matthias Bornitz)
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Nun zur Gegenwart - bei enger Betrachtung bliebe kein Platz für das Paralleluniversum, für Spintisierereien über eine gerechtere Welt, in der unser Dasein mit der entsprechenden Zuneigung, dem Ruhm und dem Rubel gewürdigt wird. Ob die Autoren geliebt werden, bleibt ihren Freundinnen überlassen. Für die Öffentlichkeit: noch werden keine Horchs durch den Grunewald gelenkt, noch knirscht der Kies nicht unter den Reitstiefeln auf dem Weg vom Parktor zum Gestüt. Und so bleibt man auch im Jahr vier nach der Uni der alte: gering bemittelt und mittel ambitioniert. Das Gute: weit entfernt vom Burn-Out-Syndrom und noch nicht über dem Vergleich von Immobilienfinanzierungen sitzend.
Und da man innerlich bei sich geblieben ist, ergeben sich auch Déjà-vu-Erlebnisse aus der Vergangenheit. Dieses Vorwort zum Beispiel wird noch hastig (und unvollständig) in den Rechner getippt, während sich im Hinterkopf bereits die Scheinargumente wegen der Säumigkeit sammeln - für das Treffen mit meinem verehrten Verleger und Mitautor Jan. Als ginge man, wie in studentischen Zeiten, zum Mentor an den Lehrstuhl!        
Der Stoff, aus dem unsere Geschichten sind, ist keineswegs rar geworden in der Mitte des Lebens. Nur gibt es Ablenkung zuhauf: wie betreutes Arbeiten - die ganze Woche lang. Die Ereignisse rennen vorbei und entlocken jeweils ein Schmunzeln - und genau dieses Alarmzeichen gilt es nicht zu verpassen und die Story zu fangen! Man hat nicht mehr Gelegenheit, an langen Rotwein-Abenden die Ereignisse beschwörend breitzutreten und nächtens in den Rechner zu hacken, denn früh geht es wieder in die Arbeit. Da ist nicht nur der Zeitmangel, da sind auch die vielen Märchen, die man sich anhören muß: vom gleich morgen zahlenden Kunden, vom Studenten, dem ein Stromausfall die entscheidenden drei Seiten Seminararbeit von der Festplatte gelöscht hat, vom Mitarbeiter, der doch nur das Wohl des Unternehmens im Auge hat... Und so hegt und pflegt man sein dickes Fell, auf daß es wachse und nicht plötzlich eine herzzerreißende Geschichte von außen kommt. Und man sich mit Engagement und Glauben ansteckt und einem diese Haare büschelweise ausfallen!
Die folgenden Geschichten sind also Momentaufnahmen und Besucher aus der eigenen Gedankenwelt, gefangen und präpariert, eingelegt in Papier, bevor die Abgeklärtheit der schönen Welt sie töten kann.
 

 
  aus "Paralleluniversale Geschichten" (J. Lipowski, M. Bornitz)